FIRMENKULTUR KONZEPTE 


Wolfgang Stegmann

Unternehmen 
und Kunst

Rede von Herrn Wolfgang Stegmann
anläßlich der Ausstellungseröffnung zum
10-jährigen Jubiläum des ICHverlages am 
3. August 2001

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Die Beziehungen zwischen Wirtschaft und Kunst 
haben eine lange Tradition.

Bereits die Bankiersfamilie Medici im Florenz des ausgehenden Mittelalters ist durch ihre Stiftungen und Aufträge an Kunstschaffende in die Kunstgeschichte eingegangen.

Werfen wir einen kurzen Blick auf Deutschland zur Zeit der Renaissance, so stellen wir fest, daß auch hier in den ehemaligen Reichsstädten wie Augsburg und Nürnberg wohlhabende Patrizierfamilien viel Geld in die Förderung der Kunst steckten.

Aus diesen so genannten "Renaissance-Modellen" der europäischen Kulturförderung entwickelte sich der Typus des Mäzens, der Teile seines erwirtschafteten Vermögens 
uneigennützig in die Künste zurückfließen läßt.


Wieso investiert heute die private Wirtschaft 
in Kunst ?

Persönliche Leidenschaft und der Wunsch nach einer sinnvollen und gewinnbringenden Geldanlage standen lange Zeit an erster Stelle, wenn Unternehmen in Kunst investierten. 
Diese Motive haben heute an Bedeutung verloren. Der Kunstankauf im Unternehmen hat eigene Gesetzmäßigkeiten, 
die mit privater "Liebhaberei" nicht mehr viel zu tun haben.

Ich persönlich sehe für uns als modernes Dienstleistungs-
unternehmen folgende drei Aspekte bei unserem Engagement 
in Kunst im Vordergrund:

 

1. Imagepflege und Kommunikation durch Kunst

Beginnen möchte ich mit profanen Argumenten:
Kunstaktivitäten machen ein Unternehmen bekannt. Ein Unternehmen, das in Kunst investiert zeigt gesellschaftliche Verantwortung. Der Imagefaktor ist zwar nicht in Zahlen zu messen, der Erfolg des Engagements jedoch nicht zu 
unterschätzen. Die Wirkungen sind subtil und ihr objektiver 
Wert schwer kalkulierbar.
 

Welche Schlüsse ziehen Sie aus dem ersten Eindruck, wenn Sie in ein Unternehmen kommen?

Unter dem Motto "Tue Gutes und rede darüber" wird in der PR-Arbeit nicht selten auf Kunst gesetzt. Der Erfolg scheint den Unternehmen Recht zu geben. Kunst und Kultur sind von 
öffentlichem Interesse und werden von Journalisten gerne als Themen aufgegriffen.

Anders als in der Werbung muß man sich nicht anpreisen, das Lob der anderen kommt von selbst.

Kunstwerke haben den Vorteil, allein durch die ihnen innewohnende Ausstrahlungskraft zu wirken. Diese erleichtert 
das unmittelbare Gespräch mit anderen Kunstbetrachtern.

In Empfangshallen und Besprechungsräumen 
ausgestellte Kunstwerke dienen als
Kommunikationsmittel.

wichtiger noch ist:


2. Kunst als wesentlicher Faktor einer neuen
Unternehmenskultur

Der Umbruch von Althergebrachtem in Hierarchie und Arbeitsablauf stellt enorme Anforderungen an die Veränderungsfähigkeit und -kraft von Unternehmenskulturen.

Parallel dazu erleben wir gravierende Veränderungen von Arbeitsbedingungen und -anforderungen. Von den Angestellten wird zunehmend selbständiges Arbeiten, sogenanntes "Unternehmerdenken" erwartet.

Eine Umgebung, die mit ausgewählten Kunstwerken gestaltet wurde, kreiert neue Erlebnismöglichkeiten im Unternehmen.

Es wird von jedem immer mehr gefordert, der Weltmarkt wächst, 
man muß flexibel sein. Aber man kann nicht nur fordern, jeder   
muß auch mal Kraft schöpfen können.

 

Dazu gehört die Auseinandersetzung mit Kunst.

Künstler sind in der Lage Veränderungen und Strömungen unserer Zeit besonders sensibel aufzunehmen und in ihren Werken umzusetzen. Um eine zeitgemäße bzw. adäquate Unternehmenskultur zu entwickeln, und damit wettbewerbsfähig 
zu bleiben, müssen unterschiedliche Erfahrungsbereiche verbunden werden. Kunst steht für die permanente Aufforderung, Neues zu wagen und sich nicht mit Erworbenem zufrieden zu geben.


Wir sehen daher in der Beschäftigung mit  zeitgenössischer Kunst eine Möglichkeit, sich neue 
Wege zu eröffnen.

Wie können wir uns den Herausforderungen unserer Zeit stellen, die geprägt ist von rasanten technischen und ökonomischen Entwicklungen, von immer kürzeren Innovationszyklen, von einer Vielzahl von Wandlungsprozessen?


Die Kunst vermittelt uns mit der ganzen Bandbreite ihrer kreativen Ansätze und Methoden eine Anschauung davon.

Der Vergleich in prosperierenden Unternehmen zeigt, daß sie proportional häufiger Kunst in ihre Unternehmenskultur mit einbeziehen als weniger erfolgreiche.

Jeder, der unternehmerische Verantwortung trägt, sollte sich mit 
Kunst beschäftigen. Am wichtigsten jedoch ist:


3. Kunst als Investition in
Motivation und Kreativität 
der Mitarbeiter

Künstler betrachten die Welt häufig aus einem anderen Blickwinkel. Sie sind losgelöst von Unternehmensstrukturen und Hierarchien bzw. vorgegebenen Arbeitsmethoden, wie sie in Unternehmen vorherrschen. 
Von Künstlern wird erwartet, daß sie ihrer kreativen  Gedankenwelt freien Lauf lassen. Selbst wenn man berücksichtigt, daß auch sie sich in ökonomischen Zwängen befinden, sind sie doch zuerst ganz sich selbst verpflichtet. 
Die Qualität ihrer Arbeit wird gerade an der Unabhängigkeit und 
Eigenständigkeit gemessen. 

Für die eingangs erwähnte neue Unternehmenskultur sind Teile dieser Arbeitsweise für ein modernes Dienstleistungsunternehmen unabdingbar. 


Die Kunst verschönert unser "fast zu Hause". Wir verbringen hier weit mehr als acht Stunden pro Tag. Kunstwerke tragen zum Wohlbefinden entscheidend bei. 
Sie sprechen unsere Emotion an, und gehören damit zu den sogenannten "weichen" Faktoren einer erfolgreichen Firmenpolitik. Wenn Mitarbeiter gefühlsmäßig nicht engagiert sind, wird das schlüssigste Konzept daran scheitern. Mit dem Kunstengagement ist auch das Ziel verbunden Mitarbeiter direkt auf einer 
persönlichen Ebene anzusprechen.  Damit eröffnen sich neue Möglichkeiten, die Beziehung des Einzelnen zum Unternehmen zu prägen. Menschsein heißt mehr als funktionieren. Wir sind in der Lage, differenzierteste Sinneseindrücke wahrzunehmen und aus ihnen zu lernen.  Aber nur, wenn diese Sinne auch beschäftigt und gefordert werden. 
Hierzu trägt Kunst in hohem Maße bei. Sich mit neuen Ideen auseinander zu setzen heißt auch, mit Dingen umzugehen, 
die einem nicht gleich auf Anhieb gefallen und ihre Qualität 
vielleicht erst beim zweiten Hinsehen entfalten. Kunst hilft dem Unternehmen neue Wege zu beschreiten, neue Ideen zu finden, 
das Ungewöhnliche zu versuchen. Die ausgetretenen Pfade, 
die man bereits kennt, sollen verlassen werden. 

Kunst wird hier zum Stolperstein, der die Denkanstöße liefert.


Wir wählen

deshalb nicht nur leicht zugängliche Werke aus. Im Gegenteil, der Diskurs wird gesucht, unterschiedliche Sichtweisen und Meinungen sind gefragt. Durch das Medium Kunst kann der Wandel der Gesellschaft sichtbar und bewußt gemacht werden.

Dieses Potential kommt dem Unternehmen zugute.


Homeworking und Telearbeit lösen die bisherigen Bindungen an 
die Firma. 
Der Arbeitnehmer wird zum Auftragnehmer, der sein Wissen projektbezogen anbietet. 
Wer außerhalb des Blickfeldes tätig wird, ist der unmittelbaren Kontrolle entzogen. 
Eine gemeinsame Unternehmenskultur, menschliche Begegnung 
und Verständigung gewinnen an Bedeutung. Da überall gearbeitet werden kann, sind feste Plätze eher selten. 
Umso mehr muß ein Gefühl der Zugehörigkeit über ein prägendes Ambiente im "Stammhaus" geschaffen werden, das den notwendigen intellektuellen Austausch unterstützt und anregt.

Dabei ist Kunst ein wichtiger Faktor, um ein besonderes Ambiente zu schaffen.


Fassen wir zusammen: 

Betrachten wir die Wirtschaft. Sie ist doch selber Ausdruck der kulturellen Schaffenskraft des Menschen und unterliegt dem kulturellen Wandel. 
Wir sprechen von der Unternehmenskultur und meinen damit die Werte, die Verhaltensregeln, den "Geist", die das Leben in einem Unternehmen prägen.  
Die Binnenkultur eines Unternehmens steht in einem Wechselverhältnis zu der sie umgebenden Kultur der Gesellschaft. Die Einbettung in die Kultur ist lebensnotwendig für ein Unternehmen. Von dort kommen die Menschen, die im Unternehmen arbeiten, dort entstehen die Bedürfnisse, die wir aufgreifen wollen.
Ist es von daher nicht verständlich, daß wir uns für Kunst und Kultur einsetzen?


So verstanden können Kunstgegenstände viel mehr als nur gefallen und sind für alle Beteiligten ein Gewinn. Unternehmen dokumentieren mit ihrem Kunstengagement den höheren Stellenwert, den sie ihren Mitarbeitern einräumen. 
Neben den rational geschäftsbezogenen Bindungen wird eine emotionale Basis der Zusammenarbeit geschaffen werden.


Wer in Mitarbeitern mehr sieht als Personen, die zwischen acht und fünf Uhr beschäftigt sind, wer Mitarbeiter in ihrer Ganzheit betrachtet, wer die Wechselwirkung akzeptiert, daß Mitarbeiter ihre persönlichen Gefühle mit in die Firma nehmen und andererseits berufliche Probleme auch zu Hause weiterdenken, - für den ist die 
Entwicklung der Persönlichkeit, die durch Kunst gefördert wird, kein verlorener Einsatz finanzieller Mittel, sondern eine sinnvolle Investition in das Wichtigste, das ein Unternehmen hat, nämlich die 


Köpfe

Wünsche

Träume

Ideen


seiner Mitarbeiter.



Ich wünsche dem ICHverlag und den beiden Künstlern Johannes und Guido Häfner weiterhin Kreativität und Schaffenskraft, damit sie mit ihren Kunstwerken uns privat und in den Unternehmen im beschriebenen Sinne unterstützen und fördern können


Vielen Dank für die Aufmerksamkeit

                Copyright by Wolfgang Stegmann, 2001


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Wolfgang Stegmann, stellv. 
Vorstandsvor sitzender der DATEV 
Vorstand der  Entwicklung