Die
Beziehungen zwischen Wirtschaft und Kunst
haben eine lange
Tradition.
Bereits die Bankiersfamilie Medici im Florenz des ausgehenden
Mittelalters ist durch ihre Stiftungen und Aufträge an Kunstschaffende in die
Kunstgeschichte eingegangen.
Werfen wir einen kurzen Blick auf Deutschland zur Zeit der
Renaissance, so stellen wir fest, daß auch hier in den ehemaligen Reichsstädten wie Augsburg
und Nürnberg wohlhabende Patrizierfamilien viel Geld in die Förderung der
Kunst steckten.
Aus diesen so genannten "Renaissance-Modellen" der europäischen
Kulturförderung entwickelte sich der Typus des Mäzens, der Teile seines
erwirtschafteten Vermögens
uneigennützig in die Künste zurückfließen läßt.
Wieso investiert heute die private
Wirtschaft
in Kunst ?
Persönliche
Leidenschaft und der Wunsch nach einer sinnvollen und
gewinnbringenden Geldanlage standen lange Zeit an erster Stelle, wenn Unternehmen
in Kunst investierten.
Diese Motive haben heute an Bedeutung verloren. Der Kunstankauf im
Unternehmen hat eigene Gesetzmäßigkeiten,
die mit privater
"Liebhaberei" nicht mehr viel zu tun haben.
Ich persönlich sehe für uns als modernes Dienstleistungs-
unternehmen folgende drei Aspekte bei unserem Engagement
in Kunst im Vordergrund:
1. Imagepflege und Kommunikation durch Kunst
Beginnen
möchte ich mit profanen Argumenten:
Kunstaktivitäten machen ein Unternehmen bekannt. Ein Unternehmen,
das in Kunst investiert zeigt gesellschaftliche Verantwortung. Der Imagefaktor ist zwar
nicht in Zahlen zu messen, der Erfolg des Engagements jedoch nicht zu
unterschätzen. Die
Wirkungen sind subtil und ihr objektiver
Wert schwer kalkulierbar.
Welche
Schlüsse ziehen Sie aus dem ersten Eindruck, wenn Sie in ein Unternehmen kommen?
Unter
dem Motto "Tue Gutes und rede darüber" wird in der PR-Arbeit nicht selten auf Kunst gesetzt. Der Erfolg scheint den Unternehmen Recht zu geben. Kunst
und Kultur sind von
öffentlichem Interesse und werden von Journalisten gerne als
Themen aufgegriffen.
Anders
als in der Werbung muß man sich nicht anpreisen, das Lob der
anderen kommt von selbst.
Kunstwerke
haben den Vorteil, allein durch die ihnen innewohnende
Ausstrahlungskraft zu wirken. Diese erleichtert
das unmittelbare Gespräch mit
anderen Kunstbetrachtern.
In Empfangshallen und Besprechungsräumen
ausgestellte Kunstwerke
dienen als
Kommunikationsmittel.
wichtiger noch ist:
2. Kunst als wesentlicher Faktor
einer neuen
Unternehmenskultur
Der
Umbruch von Althergebrachtem in Hierarchie und Arbeitsablauf
stellt enorme
Anforderungen an die Veränderungsfähigkeit und -kraft von
Unternehmenskulturen.
Parallel
dazu erleben wir gravierende Veränderungen von Arbeitsbedingungen
und
-anforderungen. Von den Angestellten wird zunehmend selbständiges
Arbeiten,
sogenanntes "Unternehmerdenken" erwartet.
Eine
Umgebung, die mit ausgewählten Kunstwerken gestaltet wurde,
kreiert neue Erlebnismöglichkeiten im Unternehmen.
Es wird von jedem immer mehr gefordert, der Weltmarkt wächst,
man
muß flexibel sein. Aber man kann nicht nur fordern, jeder
muß auch mal Kraft
schöpfen können.
Dazu
gehört die Auseinandersetzung mit Kunst.
Künstler
sind in der Lage Veränderungen und Strömungen unserer Zeit
besonders
sensibel aufzunehmen und in ihren Werken umzusetzen. Um eine
zeitgemäße bzw. adäquate Unternehmenskultur zu entwickeln, und damit wettbewerbsfähig
zu bleiben,
müssen unterschiedliche Erfahrungsbereiche verbunden werden.
Kunst steht für die
permanente Aufforderung, Neues zu wagen und sich nicht mit
Erworbenem zufrieden
zu geben.
Wir
sehen
daher in der Beschäftigung mit zeitgenössischer Kunst eine Möglichkeit, sich neue
Wege zu eröffnen.
Wie
können wir uns den Herausforderungen unserer Zeit stellen, die
geprägt ist von
rasanten technischen und ökonomischen Entwicklungen, von immer kürzeren Innovationszyklen, von einer Vielzahl von Wandlungsprozessen?
Die Kunst vermittelt uns mit der ganzen Bandbreite ihrer kreativen
Ansätze und Methoden eine Anschauung davon.
Der
Vergleich in prosperierenden Unternehmen zeigt, daß sie
proportional häufiger Kunst in ihre Unternehmenskultur mit einbeziehen als weniger
erfolgreiche.
Jeder,
der unternehmerische Verantwortung trägt, sollte sich mit
Kunst beschäftigen.
Am
wichtigsten jedoch ist:
3. Kunst als Investition in
Motivation
und Kreativität
der Mitarbeiter
Künstler
betrachten die Welt häufig aus einem anderen Blickwinkel. Sie sind losgelöst von Unternehmensstrukturen und Hierarchien
bzw. vorgegebenen Arbeitsmethoden, wie sie in Unternehmen vorherrschen.
Von Künstlern wird erwartet, daß sie ihrer kreativen Gedankenwelt freien Lauf lassen. Selbst wenn man berücksichtigt, daß auch sie sich
in ökonomischen Zwängen befinden, sind sie doch zuerst ganz sich
selbst verpflichtet.
Die Qualität ihrer Arbeit wird gerade an der Unabhängigkeit und
Eigenständigkeit gemessen.
Für
die eingangs erwähnte neue Unternehmenskultur sind Teile dieser Arbeitsweise für ein modernes Dienstleistungsunternehmen
unabdingbar.
Die
Kunst verschönert unser "fast zu Hause". Wir verbringen
hier weit mehr als acht Stunden pro Tag. Kunstwerke tragen zum Wohlbefinden entscheidend
bei.
Sie sprechen unsere Emotion an, und gehören damit zu den
sogenannten "weichen" Faktoren einer erfolgreichen Firmenpolitik. Wenn Mitarbeiter gefühlsmäßig
nicht engagiert sind, wird das schlüssigste Konzept daran scheitern.
Mit dem Kunstengagement ist auch das Ziel verbunden Mitarbeiter direkt auf
einer
persönlichen Ebene anzusprechen.
Damit
eröffnen sich neue Möglichkeiten, die Beziehung des Einzelnen zum Unternehmen zu prägen.
Menschsein
heißt mehr als funktionieren. Wir sind in der Lage,
differenzierteste Sinneseindrücke wahrzunehmen und aus ihnen zu lernen.
Aber
nur, wenn diese Sinne auch beschäftigt und gefordert werden.
Hierzu trägt Kunst in hohem Maße bei.
Sich
mit neuen Ideen auseinander zu setzen heißt auch, mit Dingen
umzugehen,
die einem nicht gleich auf Anhieb gefallen und ihre Qualität
vielleicht erst beim zweiten Hinsehen entfalten. Kunst hilft dem Unternehmen neue Wege
zu beschreiten, neue Ideen zu finden,
das Ungewöhnliche zu versuchen. Die
ausgetretenen Pfade,
die man bereits kennt, sollen verlassen werden.
Kunst
wird hier zum Stolperstein, der die Denkanstöße liefert.
Wir
wählen
deshalb
nicht
nur leicht zugängliche Werke aus. Im Gegenteil, der Diskurs wird
gesucht, unterschiedliche Sichtweisen und Meinungen sind gefragt. Durch das
Medium Kunst kann der Wandel der Gesellschaft sichtbar und bewußt gemacht
werden.
Dieses
Potential kommt dem Unternehmen zugute.
Homeworking
und Telearbeit lösen die bisherigen Bindungen an
die Firma.
Der Arbeitnehmer wird zum Auftragnehmer, der sein Wissen
projektbezogen anbietet.
Wer außerhalb des Blickfeldes tätig wird, ist der unmittelbaren
Kontrolle entzogen.
Eine gemeinsame Unternehmenskultur, menschliche Begegnung
und
Verständigung gewinnen an Bedeutung. Da überall gearbeitet werden kann, sind
feste Plätze eher selten.
Umso mehr muß ein Gefühl der Zugehörigkeit über ein prägendes
Ambiente im "Stammhaus" geschaffen werden, das den notwendigen
intellektuellen Austausch unterstützt und anregt.
Dabei
ist Kunst ein wichtiger Faktor, um ein besonderes Ambiente zu
schaffen.
Fassen
wir zusammen:
Betrachten
wir die Wirtschaft. Sie ist doch selber Ausdruck der kulturellen Schaffenskraft des Menschen und unterliegt dem kulturellen Wandel.
Wir sprechen von der Unternehmenskultur und meinen damit die
Werte, die Verhaltensregeln, den "Geist", die das Leben in
einem Unternehmen prägen.
Die Binnenkultur eines
Unternehmens steht in einem Wechselverhältnis zu der sie umgebenden Kultur der Gesellschaft. Die Einbettung in
die Kultur ist lebensnotwendig für ein Unternehmen. Von dort kommen die
Menschen, die im Unternehmen arbeiten, dort entstehen die Bedürfnisse, die
wir aufgreifen wollen.
Ist es von daher nicht verständlich, daß wir uns für Kunst und
Kultur einsetzen?
So
verstanden können Kunstgegenstände viel mehr als nur gefallen
und sind für alle Beteiligten ein Gewinn. Unternehmen dokumentieren mit
ihrem Kunstengagement den höheren Stellenwert, den sie ihren
Mitarbeitern einräumen.
Neben den rational geschäftsbezogenen Bindungen wird eine
emotionale Basis der Zusammenarbeit geschaffen werden.
Wer
in Mitarbeitern mehr sieht als Personen, die zwischen acht und fünf
Uhr beschäftigt sind, wer Mitarbeiter in ihrer Ganzheit betrachtet,
wer die Wechselwirkung akzeptiert, daß Mitarbeiter ihre persönlichen Gefühle mit in
die Firma nehmen und andererseits berufliche Probleme auch zu Hause weiterdenken, - für
den ist die
Entwicklung der Persönlichkeit, die durch Kunst gefördert wird,
kein verlorener Einsatz finanzieller Mittel, sondern eine sinnvolle Investition in das
Wichtigste, das ein Unternehmen hat, nämlich die
Köpfe
Wünsche
Träume
Ideen
seiner
Mitarbeiter.
Ich
wünsche dem ICHverlag und den beiden Künstlern Johannes und
Guido Häfner weiterhin Kreativität und Schaffenskraft, damit sie mit ihren
Kunstwerken uns privat und in den Unternehmen im beschriebenen Sinne unterstützen und fördern
können
Vielen
Dank für die Aufmerksamkeit
Copyright by Wolfgang Stegmann, 2001
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