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Stegmann: Aber es braucht Regeln, denn Kunst ist nicht nur
allein über die Ästhetik zu bestimmen. Ein Kunstwerk strahlt
ebenso wie der Mensch eine Aura aus, die subjektiv empfunden wird.
Es werden die verschiedensten Sinnebenen angesprochen, immer wird
die Möglichkeit zugelassen, weitere Sinnebenen zu finden. Unser
Augenmerk beispielsweise in der DATEVstadt ist darauf gerichtet,
dass der Inhalt sich jederzeit verändern lässt. Die Bilder im
Internet-Café sind für mich ein Denkmal im Sinne des
Denkanstosses für die Weiterentwicklung der DATEVstadt und zeigen
auch in fünf bis zehn Jahren, wenn die DATEVstadt ganz anders
aussieht, den Ursprung dieser Idee. Daher müssen Kriterien zählen,
die allgemein gültig sind.
Häfner: Wobei der DATEV-Bezug immer fühlbar sein
muss, auch wenn jedes Kunstwerk sicherlich seine ganz
eigene künstlerische Intention hat.
Stegmann: Da müssen wir aber unterscheiden zwischen
den öffentlichen Räumlichkeiten, wo wir repräsentieren, und
den Büroräumen. Ein Unternehmen sollte pluralistisch sein,
es gibt ja auch nicht nur eine Stilrichtung. Kunst schafft ein
Stück Behaglichkeit, das die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter durch eigene Vorschläge und Werke selbst
mitgestalten können. Mir persönlich ist es am Liebsten,
wenn sich die Mitarbeiter ihren Arbeitsbereich selber
gestalten. DATEV ist kein Museum, es ist egal, was man
sich im Einzelfall aufhängt. Erst durch die Vielfalt der
Geschmäcker gelingt es uns, möglichst viele Mitarbeiter
anzusprechen.
Grünfink: Mit welchem Ziel?
Stegmann: Kunst wird zum Synonym für Kreativität.
Wir müssen eine Kultur schaffen, dass die Schaffenskraft
aus der Person kommt und die Mitarbeiter nicht als reine
Befehlsempfänger fungieren. Wir haben bei DATEV relativ
hierarchische Strukturen und Denkprozesse. Ich wünsche
mir, dass die Mitarbeiter auf der Arbeit genauso kreativ
sind wie bei ihrer Freizeitgestaltung. Wie ein Künstler
brauchen auch die Mitarbeiter einen Freiraum für die
Entfaltung. Wenn ich einen Künstler zwinge, das zu machen, was
ich will, wird es zur reinen Auftragsarbeit und zur Ausdrucksweise
meines Führungsstils. Besser ist es,
abstrakte Vorgaben kreativ umsetzen zu können, wie
Herr Häfner das am Beispiel Internet-Café vorgelebt hat.
Und genau dies erwarte ich von allen meinen Mitarbeitern.
Häfner: Und so lässt sich indirekt über Kunst der
Prozess
in Gang bringen, die Mitarbeiter ein bisschen mehr aus der
passiven Haltung herauslassen, damit sie sich trauen, Ideen
einzubringen. Kreativität steckt in jedem, sie muss nur angeregt
werden.
Stegmann: Dennoch ist Kunst keine Pille, die Impulse
bringt. Schließlich wird niemand automatisch kreativ, wenn
er sich ein Bild an die Wand hängt. Die Kreativität sollte
immer von innen heraus kommen, und das kann auch durch
ein Gespräch in der Pause sein. Aber mit einer Kunstaktion
können wir zumindest Impulse geben, in diese Richtung
weiter voranzuschreiten.
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